Hipprocrates Ernährung bei Kinderwunsch – Interview

Julia und Benedikt - Rohmantische FamilieJulia und Benedikt praktizieren die Hipprocrates Erährung und haben vier gesunde Kinder. Wird die Fruchtbarkeit durch diese Ernährung gestärkt?

Liebe Julia, lieber Benedikt könnt ihr euch kurz vorstellen? Warum seid ihr online aktiv?

Benedikt: Wir stammen beide aus Freiburg und haben dort gelebt, bis wir mit den Kindern gemerkt haben, dass wir einiges anders handhaben wollen, als in unserem Umfeld so üblich ist. Wir haben uns beispielsweise nicht überzeugen lassen, dass Fremdbetreuung für kleine Kinder günstig wäre, dass man abstillen sollte, oder dass man Menschen, nur weil sie jung sind, irgendwohin zu (er-)ziehen hätte. Außerdem haben wir an der „guten Kuhmilch“ gezweifelt und daran, dass Tierleid für eine gesunde Menschennahrung unerlässlich wäre.

Julia: Wir sind dann aus der Stadt, unserem sozialen Umfeld und Benedikts Beruf als Gymnasiallehrer ausgestiegen, um im Nachbarland auf dem Land zu leben. So, wie es unserer Natur eher entspricht, d.h. vegan, ohne Schule und ohne die ängstlich-wohlmeinenden Ratschläge aus Verwandtschaft oder Nachbarschaft.

Benedikt: Diese Konstellation, mit lebendiger Nahrung, ohne Fremdbetreuung, ohne Fernseher und ohne Peergroups, mit zwei Eltern, die an einem Strang ziehen und einfach immer für die Bedürfnisse da sind, ist für Kinder in dieser Gesellschaft ziemlich einmalig. Man kann sagen, es ist eine Laborsituation. Ohne an dieser Stelle in Details über die chronische Gesundheit, Sozialkompetenz, die Motivation und die erstaunlichen Fähigkeiten der Kinder einzugehen: Unser Beispiel ist mit Sicherheit wertvoll, um anderen Familien als Inspirationsquelle zu dienen.

Julia: Dazu kommt, dass wir ein Einkommen brauchen. Da wie für die Kinder auch für uns idealerweise gilt: Spielen = Lernen = Arbeiten, tun wir das, wofür wir uns am meisten begeistern und was wir deshalb am besten können. Das sind die Gründe, aus denen wir online als rohmantische Familie aktiv sind.

Ihr nennt eure Ernährungsform nach dem berühmten griechischen Arzt Hippokrates und habt zu diesem Thema auch ein * Ebook geschrieben. Könnt ihr kurz erklären, was das ist und wie ihr zu dieser Ernährungsform gekommen seid?

Hippokrates Ernährung

Mehr über die * Hipprocrates Ernährung erfahren

Benedikt: Hippokrates von Kos war einer der ersten Ärzte von denen wir wissen, dass sie den Zusammenhang zwischen Ernährung und körperlicher und geistiger Gesundheit erkannt haben. Von ihm soll der Spruch stammen „Lasst Nahrung eure Medizin und Medizin eure Nahrung sein.“ Das ist aber die einzige Verbindung zur historischen Figur Hippokrates. Direkter beziehen wir uns auf Ann Wigmore, die Begründerin des Hippocrates Health Institutes in Florida (HHI) und Autorin des Buches „Hippocrates Diet“. Das HHI wird inzwischen von Anna Maria und Brian Clement geführt und wir haben unseren ersten Impuls von einer Freundin erhalten, die gerade erst von dort zurückgekommen war – just zu einer Zeit, als wir nach einem Jahr reiner „Hauptsache roh“-Rohkost mit Unmengen Obst und Nüssen gemerkt haben, dass es das nicht dauerhaft sein kann.

Julia: Die Hippocrates-Ernährung ist, stark vereinfacht, eine besondere Form der veganen Rohkost, praktisch ohne Obst, mit wenig Fett, basierend auf Sprossen, Keimlingen und grünen Säften. Leider fehlte es an Literatur, wie man die Ernährung am HHI zuhause umsetzen könnte (das HHI lebt davon, dass die Menschen als Gäste kommen), und so mussten wir uns das von Grund auf selbst erarbeiten.

Benedikt: Was wir von Herzen tun, tun wir gründlich. So haben wir eine große Sprossenzucht aufgezogen, lauter neue Rezepte entwickelt und einen großen Wissensschatz erworben. Die Folgen für unsere Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wahrnehmung sind unwahrscheinlich positiv.

Ihr habt mittlerweile vier Kinder. Habt ihr Probleme gehabt mit dem Schwangerwerden? Was glaubt ihr, ist bei der hipprocratischen Ernährung für die Fruchtbarkeit von Mann und Frau von Vorteil?

Julia: Vor der ersten Schwangerschaft hatte ich noch die Pille genommen (und mich ganz normal ernährt), da hat es ca. drei Monate gedauert. Alle anderen Schwangerschaften sind genau dann eingetreten, wann ich es geplant hatte. Von Mal zu Mal war meine Ernährung natürlicher, zu Beginn der vierten Schwangerschaft war ich schon drei Jahre komplett vegan und fast ganz roh. Jetzt, mit der Hippocrates-Ernährung, bin ich gefühlt weiterhin fruchtbar. Da es aber immer wunschgemäß geklappt hat, kann ich nicht sagen, dass wir nun irgendwie „fruchtbarer“ wären. Zumindest hat vegane Vollwerternährung nachweislich nichts an unserer Fruchtbarkeit geändert. Alles andere ist Spekulation. Dass ich mich mit der Hippocrates-Ernährung besser fühle und beschwerdefrei, ganz oder fast ohne Blut menstruiere, ist dagegen sicher.

Benedikt, du warst sogar mal bei SWR in der berühmten Talkrunde „Nachtcafe” und hast über deine Ernährungsform gesprochen. Wie ist es dazu gekommen und wie hast du die Sendung rückblickend erlebt?

Benedikt: Nun, die Redaktion hatte uns im Internet gefunden und einen von uns zu der Sendung eingeladen. Da Julia bei den Kindern noch unabkömmlicher ist als ich, bin eben ich gefahren. Im Nachhinein ist mir klar, dass die mir zugedachte Rolle nicht die eines Diskussionspartners war, sondern eher die eines zu belächelnden Exoten, dessen Ernährung so gesund ist, dass sie gar nicht schmeckt. Zu lenkend die Fragen, keine Chance für mich, die Erfolge unserer Ernährungsweise herauszustellen – und dann auch noch das Herausschneiden genau der Stellen, an denen es mir doch gelungen war, mich mit starken Argumenten in die Diskussion einzubringen. Unbedingt hatte ich die Saftmaschine und eine Menge Sprossen nach Baden-Baden mitbringen sollen. Meinem Einwand im Vorfeld, dass einem ungewohnten Gaumen dieser Saft sicher nicht schmecken würde, wurde ausgewichen. Erst jetzt weiß ich, dass genau dieser Effekt beabsichtigt war. Auch erst jetzt weiß ich, dass ich dreister hätte auf Fragen antworten sollen, die mir gar nicht gestellt wurden und eine eigene Linie verfolgen müssen, insistierend, nicht unterbrochen zu werden. Kurz: weniger naiv und weniger unsicher auftreten.

Die Sendung haben 600.000 Menschen gesehen – warst du vor deinem Auftritt nervös? Wie haben Verwandte und FreundInnen auf die Sendung reagiert?

Benedikt: Ja, ich war nervös, was meine Schlagfertigkeit nicht gerade gebessert hat. Die zwei prominenten Fleischesser dagegen waren Medienprofis. Aus der Verwandtschaft kam insgesamt wenig Rückmeldung, was aber völlig in Ordnung geht, da ich nicht gefragt hatte. Freunde haben etwa meine Einschätzung bestätigt. Erfreut haben mich zahlreiche ermutigende Zuschriften von mir vorher nicht bekannten Zuschauern, die sogar meinten, ich hätte sie zur Rohkost inspiriert. Dennoch bin ich mir sicher, dass mit der Sendung viel mehr möglich gewesen wäre.

Wie sind eure Kinder zur Welt gekommen?

Julia: Bis zur Geburt waren die drei ersten Schwangerschaften wie die vierte ohne jede Komplikation. Nur ging bei diesen drei Geburten – alle im Krankenhaus – der Muttermund nicht auf, die dritte war sogar eine von der Hebamme abgebrochene Hausgeburt. In jedem Fall wollte das Krankenhauspersonal einen Kaiserschnitt, gegen den ich mich immer erfolgreich wehren konnte. Letztlich sind die drei dann mit Saugglocke gekommen. Bei der dritten Geburt lag ich im Operationssaal, weil alles schon für den Kaiserschnitt vorbereitet worden war. Ich habe mich geweigert, für diesen zu unterschreiben, und ein wunderbarer Oberarzt, der für die verzweifelte und inzwischen aggressive Kollegin eingesprungen ist, hat sich wiederum an die Saugglocke getraut. Danach wollte man den OP schnell freibekommen, hat die Nachgeburt nicht abgewartet und an der Nabelschnur gezogen. Ein Verbluten wurde durch manuelle Ablösung der Plazenta noch verhindert – danach hieß es, diese sei „verwachsen“ gewesen und welch ein Glück es doch sei, dass dies im Krankenhaus passiert ist, wo es Hilfe gibt. Erst danach ist mir klargeworden, was eigentlich das Problem gewesen war: Es waren die anwesenden fremden Menschen, die die Geburt von mir „erwartet“ haben und die über mich bestimmt haben.

Benedikt: Wir wollen hier aber nicht dem Krankenhauspersonal den schwarzen Peter zuschieben. Diese Menschen sind Teil des kranken Systems, stehen unter enormem Zeit- und Kostendruck. Mit einem Kaiserschnitt bekommt das Krankenhaus mehr Geld pro Zeit, außerdem sind Ärzte und Hebammen damit rechtlich auf der sicheren Seite. Wenn dagegen bei einer Spontangeburt etwas schiefgeht, stellt sich in der Regel die existenzbedrohende Haftungsfrage.

Die vierte Geburt war eine Hausgeburt – wie kam es dazu? Was war an dieser Geburt im Vergleich zu den anderen so besonders?

Julia: Als ich verstanden hatte, dass mein Körper die Kinder einfach nicht hatte „loslassen“ wollen, weil ich mich nicht rundum sicher gefühlt habe, habe ich mich allein auf eine ganz andere Geburt (inspiriert auch von „Hypnobirthing“) vorbereitet. Zu Hause, nur mit Benedikt als Unterstützung, konnte ich mich dann endlich sicher fühlen und mich auf meine Kompetenz als Frau zurückbesinnen. Mein Körper ist ja zum Gebären geschaffen, jedes wilde Säugetier schafft das allein. Ich wollte und konnte wieder die Verantwortung übernehmen, mich nicht mehr ausliefern und ausgeliefert fühlen: ICH bekomme das Kind, das kann kein Profi besser als ich.

Benedikt: Es ist eine verbreitete Masche, Frauen davon zu überzeugen, dass die kostenintensive medizinische Betreuung einer Geburt nötig wäre. Diese Masche funktioniert immer gleich: Durch Aufzählung von schlimmen Komplikationen wird den Frauen Angst eingejagt, und das lässt sie an ihrer natürlichen Gebärkompetenz zweifeln – und nimmt sie ihnen damit tatsächlich weg. Dadurch schafft die Geburtsmedizin ihre eigene Notwendigkeit. Es war eine große innere Leistung von Julia, dieses System zu durchbrechen.

Julia: Für mich gar nicht überraschend kam dann unser viertes Kind ganz entspannt zu Hause, nachdem es dreimal zuvor nicht ohne ärztliche Hilfe geklappt hatte. Es war eine wunderbare, intime Erfahrung.

Was hat sich durch die Kinder in eurem Leben am meisten zum Positiven verändert?

Benedikt: Die Verschiebung der Prioritäten. Bevor wir Kinder hatten, sind wir anderen Zielen nachgejagt. Wir hatten ziemlich unhinterfragte Vorstellungen von einem „guten Leben“ durch äußere Fülle und Wohlstand internalisiert, die aber an den wahren menschlichen Bedürfnissen nach Liebe und Wahrheit vorbeigingen und die nicht aus unserem Herzen stammten. Mit den Kindern haben wir gelernt zu erkennen, worauf es wirklich ankommt. Ein Beispiel verdeutlicht das ganz gut: Als wir als junge Studenten das erste Kind geplant haben und von Seiten unserer Familien viele Bedenken hörten, waren Betreuungsangebote wie die Uni-Krabbelgruppe echte Argumente für uns. Wir waren fest entschlossen, zügig weiter zu studieren und unsere Karrieren auch mit Kind aufzuziehen. Heute haben wir aber vier Kinder, von denen niemals eines fremdbetreut wurde – und haben beide keine Karriere gemacht.

Julia: Ich habe in den ersten Kinderjahren gemerkt, was Verantwortung bedeutet. Die Stimmen um mich herum waren da: „Du musst Abnabelung zulassen.“, „Hör auf zu klammern.“, „Tu mal was für dich, geh mal aus.“, „Du erziehst dir ja einen Tyrannen.“, „willst du deine Kinder auch noch stillen, wenn sie 20 sind?“, usw. Aber die Bedürfnisse der Kinder waren auch da, unmissverständlich. Meine Aufgabe war (und ist) es, die Bedürfnisse wahrzunehmen und zu erfüllen. Und es ist richtig, sie so gut irgend möglich zu erfüllen. Ein Kind zu „erziehen“, indem man ihm bewusst etwas vorenthält, was es braucht, ist einfach schrecklicher Unsinn. Da wurde mir klar: Julia, du bist allein. Wenn du willst, dass sich dein Kind gesund entfalten kann, musst du deinem eigenen Herzen und deinen eigenen Sinnen glauben. Niemand nimmt dir das ab, niemand teilt diese Meinung. (Auch Benedikt hat länger als ich gebraucht, um Erziehungs-, d.h. Manipulationsideen loszulassen.) Seitdem kann ich Verantwortung übernehmen und tue es, suche nicht mehr die Bequemlichkeit des Mainstreams. Eine sehr positive Veränderung.

Benedikt: Ich glaube, ich habe durch die Kinder zu lieben gelernt.

Julia: Ja.

Ihr seid, wenn man den Mainstream anschaut, schon eine exotische Familie. Ihr ernährt euch roh, vegan, eure Kinder leben schulfrei ohne Fernseher. Wie seid ihr zu dieser Lebensweise gekommen und was wollt ihr damit erreichen?

Julia: Dazu gekommen sind wir Stück für Stück. Neue Erkenntnisse kamen hinzu, Verbesserungen in der Gesundheit traten auf, mehr Kraft, mehr Motivation, mehr Feingefühl mit jeder wichtigen Veränderung. Aber auch das Bewusstsein, dass es eine Menge gibt, was wir zu gegebener Zeit ändern wollen, ist gewachsen. Wir haben kein bestimmtes Ziel vor Augen, das wir erreichen wollen. Die Bedürfnisse der Kinder erfüllen, sie begleiten und unterstützen und die schädlichen unnatürlichen Einflüsse fernhalten, damit sie ihr Potential entfalten und weiter glücklich leben können und diese Welt bereichern – das ist unsere Aufgabe in dieser Lebensphase. Wir selbst wachsen daran.

Wie organisiert ihr euren Alltag mit Kindern und Arbeit – wenn eure Kinder ständig mit euch sind?

Benedikt: Wir sind inzwischen ziemlich schnell und effizient im Haushalt. Außerdem brauchen wir wenig Schlaf. Dadurch können wir es leisten, allen Vieren den Rahmen zum Spielen und Lernen zu geben. Das ist viel mehr als ein Vollzeitjob. Zusätzlich bin ich von zuhause aus online aktiv, aber nur mit Themen, für die ich mich begeistere. Wir haben beide keinerlei „Freizeit“, aber auch keine „Arbeit“ in dem Sinne, dass etwas widerwillig für einen äußeren Anreiz getan wird. Unser täglicher Sport/Yoga/Meditation ist neben der lebendigen Nahrung das, was wir „für uns“ tun – und damit auch wieder für die Kinder, die uns fit und ausgeglichen brauchen.

Julia: Die Kinder sind dabei, miteinander, allein oder mit uns beschäftigt, seit rund einem Jahr aber auch fast täglich beim Tanzen, Turnen, Singen, Schauspiel- und Instrumentalunterricht unterwegs. Wir bespaßen sie nicht ständig, wichtig ist uns aber, dass immer jemand für sie ansprechbar ist.

Es gibt ja mittlerweile viele Studien, die für eure Lebensweise sprechen. Die großen Namen sind hier wohl Gerald Hüther, Richard David Precht oder Manfred Spitzer. Wer hat euch besonders auf eurem Weg beeinflusst?

Benedikt: Durch Manfred Spitzer kam der frühe Entschluss, auch mit Kindern fernsehfrei zu bleiben. Gerald Hüther haben wir erst später kennengelernt und von ihm viel (angenehme, aber nicht mehr nötige) Bestätigung für unseren Weg erhalten sowie wissenschaftlich fundierte Argumentationshilfen gegenüber besorgten Mitmenschen. Für uns – das heißt besonders für mich, denn Julia war intuitiv schon auf dem Weg – ganz wichtig waren zu Beginn Alfie Kohn mit Unconditional Parenting (inzwischen auch auf Deutsch erhältlich unter dem Titel Liebe und Eigenständigkeit) und Carlos Gonzales mit In Liebe wachsen. Das waren gewissermaßen die wissenschaftlichen Rechtfertigungen für die bedingungslose Liebe und Bedürfniserfüllung, die Kinder von ihren Eltern brauchen. Dann kam Marshall B. Rosenberg mit der gewaltfreien Kommunikation und die Einbettung dieser bedingungslosen Liebe in größere Zusammenhänge, in den eigenen spirituellen Prozess, für den wir uns in dieser Zeit zu öffnen begannen. Die logische Folge waren dann Bücher von Naomi Aldort (z. B. Von der Erziehung zur Einfühlung) und von den Kabat-Zinns (Mit Kindern wachsen: Die Praxis der Achtsamkeit in der Familie). Inzwischen war recht klar, wie wir mit den Kindern sein wollten, aber um bei unserer Konditionierung auch nur in die Nähe dieses Ideals zu kommen, ist eine eigene Achtsamkeitspraxis wesentlich. Für die Entscheidung gegen die Schule waren Texte von John Holt, Bertrand Stern sowie das Buch von André Stern, Und ich war niemals in der Schule, sowie Stefanie Mohsennias Schulfrei inspirierend.Weitere Festigung und tieferes Verständnis lieferten der von dir erwähnte Gerald Hüther sowie ein sehr spannendes Buch von Ric Hanson und Richard Mendius, Das Gehirn eines Buddha. Schon richtig abgefahren und unsere Erkenntnisse von einer wieder anderen Seite, der Seite der Parapsychologie, bestätigend (zum Weiterlesen und Gänsehautbekommen) die Bücher von Joseph Ch. Pierce: Die magische Welt des Kindes und Biologie der Transzendenz. Zuletzt möchte ich noch Ingrid Bauer mit Es geht auch ohne Windeln erwähnen. Von ihr kam die Ermutigung, unserem Jüngsten niemals eine Windel anzuziehen, was problemlos funktioniert hat.

Ihr lebt ja mittlerweile in Österreich wo Freilernen zwar erlaubt ist, aber eine Kontrolle bedarf. Wie oft wurdet ihr schon kontrolliert und was kam dabei heraus?

Benedikt: Es herrscht zwar in Österreich nicht wie in Deutschland ein totalitärer Schulanwesenheitszwang, „Freilernen“ ist in dem Sinne aber auch nicht erlaubt. Denn leider beinhaltet die von dir erwähnte Kontrolle eine Überprüfung des Lehrplanstoffes der Regelschulen, was für uns Schwierigkeiten mit sich bringt. Zwar lernen die Kinder „frei“ sehr viel mehr, als sie es in der Schule könnten, es sind aber nicht unbedingt die gleichen Inhalte. Bisher (vier Jahre) ging das alles problemlos, für die Prüfungen an der Volksschule hat das aus Neugierde Gelernte gut ausgereicht. Dieses Jahr müssen wir aber an eine andere Schule, da wird es schwieriger. Weil ihnen ihr Leben ohne Schule, aber so halb im System hier – wir haben ihnen die Rosinen herausgepickt – so gefällt, sind sie seit diesem Jahr im Schnitt eine halbe Stunde pro Tag am Schulstofflernen. Nicht so effizient wie etwas, das aktuell interessiert, aber ein derzeit gangbarer Kompromiss. Wir werden sehen, wie es weitergeht.

Eure Kinder kennen kein Lob und kein Tadel und auch keine Grenzen, oder? Wie löst ihr Konflikte und Streit zwischen euren und anderen Kindern ohne Grenzen zu setzen und Regeln aufzustellen?

Benedikt: Oh, unsere Kinder kennen sehr wohl Grenzen, viele Grenzen! Die sind von der Natur gesetzt, von der Gesellschaft oder es sind schlicht Julias und meine Kapazitätsgrenzen. Auch die Geschwister haben ihre eigenen Grenzen. Und manche unserer Überzeugungen bedeuten Grenzen (also Verbote) für die Kinder. Beispiel: Sie bekommen eine Süßigkeit geschenkt, wir entsorgen diese. Wir meinen ja nicht, dass Kinder/Menschen keinerlei Grenzen bräuchten. Nur gibt es in dieser Gesellschaft eher zu viele davon als zu wenige, da ist es Unsinn, aus erzieherischen Gründen noch weitere zu „setzen“. Die wichtigsten der bereits bestehenden Grenzen zu verteidigen genügt völlig.

Julia: Natürlich bekommen die Kinder mit, ob wir uns über etwas freuen oder nicht, ob wir feiern oder trauern. Und sie bekommen mit, dass ihr Verhalten auf uns und die anderen Menschen einen Einfluss hat. Gezielt eingesetztes Lob oder Tadel ist aber kein natürlicher Ausdruck dessen, was zwischenmenschlich passiert, sondern eine Manipulationsstrategie, eine Form von Belohnung und Bestrafung, Zuckerbrot und Peitsche. Das lehnen wir ab. Jeder Mensch hat ein Recht darauf, selbst herauszufinden, welche Gefühle sein Verhalten bei ihm selbst und bei anderen auslösen kann. Und herauszufinden, was ihm Freude bringt. Nur so kann man etwas von Herzen tun, echt motiviert sein! Es gibt schon genügend Anerkennungs-Junkies, die überhaupt nicht mehr aktiv werden, wenn sie nicht eine äußere Belohnung erwarten. Genauso ist es bei Streitigkeiten. Eigentlich will ein Mensch, der mit seinen wahren Bedürfnissen in Kontakt ist, keinem anderen Wesen schaden. (Ja, wir haben dieses Menschenbild!) Ich sehe das andere Wesen als Subjekt und möchte ihm von Herzen Gutes. Kinder haben diese echte Moral von Geburt an. Wir wollen ihnen die Chance lassen, sie zu erhalten. Wenn wir dem jungen Menschen aber einpflanzen: „Ich will deshalb nicht schaden, weil ich dafür Ärger (Tadel, Strafe) bekomme.“, verbauen wir die echte Moral. Wir schneiden die Herzensverbindung zu den anderen Wesen ab und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch sich später in Situationen, in denen keine Strafe droht, unmoralisch verhält. In einem Streit unter Kindern bewerten wir also nach Möglichkeit nicht. Ich beschütze das bedrohte Kind vor Gewalt, aber nicht, damit das andere „etwas lernt“, sondern weil mir wichtig ist, dass jeder Mensch bei uns sicher ist. Es hat keinen Sinn, zu erklären „Lass das, das tut weh, das ist böse, tut man nicht“, etc., denn das schlagende Kind weiß das und will in dem Moment wehtun. Ich kann das Wehtun verhindern (tue es auch, wenn es sein muss, mit physischer Gewalt, etwa durch Festhalten), aber ich kann nicht beibringen, nicht wehtun zu wollen! Ich kann höchstens ein friedvolles Vorbild sein.

Benedikt: Also um die Frage zusammenfassend zu beantworten: Wir verhindern Tätlichkeiten oder Kränkungen. Wenn es die Situation zulässt und die Kinder gesprächsbereit sind, versuchen wir, gemeinsam zu erforschen, was jeder Beteiligte in dem Moment braucht. Die Bedürfnisse der Eltern werden hierbei mitberücksichtigt. Für solche Situationen bietet die GfK nach Rosenberg hilfreiche Ansätze.

Wenn ihr an alle Familien, die eurer Lebensweise zugetan sind, etwas mitteilen könntet, was wäre das?

Julia: Geht euren Weg. Lasst euch nicht belehren (auch von uns nicht, höchstens inspirieren). Meidet ängstliche Stimmen: Wer euch mitteilt, was alles Schlimmes passieren könnte, möchte nicht wirklich helfen, sondern sich selbst beruhigen. Bewegt euren Körper und beruhigt euren Geist, so fühlt ihr leichter, was euer Herz weiß.

Benedikt: Von Einstein stammt das Zitat: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Das gilt auch für Denksysteme und weiter auch für Erziehungssysteme. Um die gesellschaftlichen und ökologischen Probleme der Zukunft zu lösen, braucht es Menschen, die anders aufgewachsen sind. Daher meine Bitte: Wenn ihr merkt, dass ihr für eure Familie einen anderen Weg wollt, traut euch, geht ins Vertrauen, das Leben wird so reich!

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