Wird die NFP Beratung für alle Frauen in Deutschland finanziert? Das Portal Direkt zur Kanzlerin zeigt die Probleme der aktuellen Politik auf.
Liebe NFP Freunde, sicher wartet ihr schon gespannt auf die Antwort meiner Anfrage, ob die NFP Beratung für alle Frauen finanziert wird.
Die Antwort der Kanzlerin
Nun hat das Warten ein Ende, denn ich hatte vor ein paar Tagen die folgende E-Mail im Briefkasten:
Sehr geehrter Herr Marcus Krahlisch,
der Beitrag „Finanzierung der NFP Beratung für alle“ wurde beantwortet.
Klicken Sie bitte auf folgenden Link, um die Antwort zu lesen:
http://direktzu.de/kanzlerin/messages/finanzierung-der-nfp-beratung-fuer-alle-47512
Antwort erzeugte großen Wut im Bauch
Nachdem ich die Antwort gelesen hatte, überkam mich eine innere Wut im Bauch. Sie zeigt die Problematik auf, dass die Politik sich heutzutage nur sehr oberflächlich mit bestimmten Themen befasst und daher kaum mit konstruktiven Vorschlägen oder neuen Ideen umgehen kann. Mit dieser Fassungslosigkeit, wollte ich nicht an die Öffentlichkeit treten. Aus diesem Grund habe ich mir ein paar Tage Zeit genommen, um die Antwort sachlich zu analysieren und diesen Artikel zu schreiben. Mal abgesehen davon, dass meine Anfrage nicht wirklich beantwortet wurde, hat es der Sprecher der Kanzlerin geschafft, sehr geschickt und diplomatisch an der Realität vorbei zu schreiben. Ich werde die entscheidenden Zitate aus dem Antwortschreiben nun herausgreifen und dazu Stellung nehmen.
#1 Jede Frau entscheidet selbst wie sie verhütet
Die erste These, die wir diskutieren möchte ich wie folgt zitieren:
„Grundsätzlich kann jede Frau frei entscheiden, ob und wie sie verhüten möchte.”
Man kann schon sagen, dass diese Aussage stimmt – aber die Verhütungsmethode Pille ist 99,99 Prozent der Frauen in Deutschland bekannt und wird bis zum 21. Lebensjahr finanziert. Die symptothermale Methode nach den Regeln der AG NFP ist nahezu unbekannt und wird nicht finanziert. Man kann sich nun selbst die Chancen ausrechnen, welche Verhütungsmethode ausgewählt wird. Ist es die symptothermale Methode, die keiner kennt und die nicht finanziert wird? Oder die Pille, die alle kennen und die erstmal kostenlos ist. Wir alle kennen die Antwort. Selbst Pillenbefürworter können nicht bestreiten, dass es bei der Pille aus Sicht der freien Marktwirtschaft eine Wettbewerbsverzerrung gibt.
#2 Aufklärung ist Sache der Ärzte
Auch das zweite These der Antwort der Kanzlerin hat es in sich:
„Auf die Vor- und Nachteile der verschiedenen Verhütungsmethoden sollen Ärzte in einem ausführlichen Beratungsgespräch hinweisen.”
Natürlich sollten Ärzte vernünftig über Vor- und Nachtteile einer Verhütungsmethode aufklären. Doch werden sie ihrer Verantwortung gerecht? Nehmen wir mal das Thrombose Risiko der Pille. In einem TV Beitrag der ARD gibt ein Arzt offen zu, dass er Frauen mit Absicht NICHT über das höhere Risiko aufklärt.
Frauen sind an der Pille gestorben
Ebenso wird in diesem Beitrag eine Frau gezeigt, die fast an der Pille gestorben ist, die Pille niemals nehmen wollte und direkt nach Alternativen zur Pille gefragt hat. Der Arzt ist auf ihre Anfrage nach Alternativen nicht eingegangen und hat ihr zu einer der gefährlichsten Pillen geraten.
Selbsthilfegruppe der Geschädigten der Pille wird immer größer
Wenn die Aufklärung so gut wäre, warum muss sich dann eine Selbsthilfegruppe gründen, die über die Risiken und Nebenwirkungen der Pille aufklärt und Geschädigte unterstützt? Viele Ärzte halten sich nicht an ihre Pflicht und unterschätzen das Thrombose Risiko der „neuen” Pillen völlig. Schau dir den Beitrag nochmals an, oder denke an deine Erfahrungen mit dem Frauenärzten zurück. Wurdest du von deinem Arzt über NFP und die Pille wirklich ausreichend aufgeklärt?
#4 Bestimmte Verhütungsmethoden sind bei den Krankenkassen ausgeschlossen
„Einzelne Verhütungsmethoden sind im Leistungskatalog der Krankenkassen nicht ausdrücklich aufgezählt oder ausgeschlossen.”
Sehr diplomatisch ausgedrückt. Zum einen sollte klar sein, dass die Pille im Katalog nahezu jeder Krankenkasse steht und die symptothermale Methode offensichtlich nicht. Doch tiefere Recherchen zeigen, dass die NFP Beratung nicht mal in der Bundeshauptstadt Berlin standardmäßig in offiziellen Verhütungsberatungen finanziert wird.
In Berlin wird fast alles bezahlt
Dies ist sehr unverständlich, denn in Berlin ist die Pille für alle Harz IV Empfänger gratis, außerdem werden „fast” alle Verhütungsmethoden und Beratungen für einkommensschwache Frauen werden finanziert. Ob Sterilisation, der Einsatz einer Spirale oder hormonelle Methoden, sowohl der Eingriff als auch die Fachberatung, werden in Berlin für einkommensschwache Frauen bezahlt.
Wird NFP in Berlin bezahlt?
Daraufhin haben wir Ende April 2013 eine Anfrage an das „Zentrum für sexuelle Gesundheit und Familienplanung“ gestellt, ob die NFP Beratung für einkommensschwache Frauen finanziert werden kann. Leider war die Antwort: „NEIN, das geht nicht.” Dies hat mich sehr überrascht. Schließlich steht auf der Website des Zentrums doch eindeutig, dass ALLE Verhütungsmethoden sowie Fachberatungen finanziert werden. Tja NFP gehört wohl offensichtlich nicht dazu.
#5 BZgA bietet kostenlose Verhütungsberatung an
„Die BZgA bietet keine persönliche Beratung zur symptothermalen Methode an, aber sie arbeitet aber eng mit Ärzten und den Beratungsstellen zusammen.”
Ja es stimmt, dass es mittlerweile sehr viele Familienplanungszentren gibt, die eine kostenlose Verhütungsberatung anbieten.
Meine Erfahrungen bei einer Verhütungsfortbildung
Ich selbst habe eine Fortbildung im Wert von 100 Euro im Familienplanungzentrum der profamilia am 19. April 2013 besucht, um zu schauen wie dort beraten wird. Leider darf ich die Details dieser Fortbildung nicht bekannt geben. Wollen wir es mal so ausdrücken – die Beraterinnen dort sind ähnlich gut über NFP aufgeklärt, wie es die Ärzte sind. Wer also glaubt, dass die Beraterinnen dort die symptothermale Methode nach den Regeln der AG NFP kennen oder gar empfehlen werden, der wird enttäuscht werden. Es gab auf dieser Fortbildung viele vorurteilsbehafteten Fragen bezüglich der NFP.
Zu viele Vorurteile gegenüber NFP
Welcher Art die Vorurteile sind, kann man im Beitrag der BZgA über die symptothermale Methode entnehmen:
[…]Die Methode eignet sich zudem eher für solche Paare, für die eine ungeplante Schwangerschaft kein Unglück wäre. […]
Dr. Claudia Linmayr-Wagner, Mag. Angela Tunkel, https://www.gesundheit.gv.at, 2019
Diese Beschreibung ist meiner Ansicht nach eine Beleidigung für die symptothermale Methode nach den Regeln der AG NFP, welche nach einer Studie der Forschungsgruppe NFP aus dem Jahr 2007 mindestens genauso sicher wie die Pille ist. Würdest du als unaufklärte Frau nach einem solchen Statement von der BZgA, die symptothermale Methode ernsthaft als Verhütungsmethode in Erwägung ziehen? Die Pille (Pearl-Index Gebrauchssicherheit = 8) hat sogar eine viel schlechtere Gebrauchssicherheit als die symptothermale Methode (Pearl-Index Gebrauchssicherheit = 1,8), aber keiner sagt: „Die Pille eignet sich zudem eher für solche Paare, für die eine ungeplante Schwangerschaft kein Unglück wäre.“ Komisch, oder?
„Kommentarfunktion deaktiviert”
Ich hätte sehr gern einen saftigen Kommentar zu dieser Antwort oder dem Kommentar von Erhard Jakob geschrieben. Jedoch wurde dies geschickt blockiert. Als ich es versuchte stand immer da: „Kommentarfunktion deaktiviert”. Darüber hinaus wurde der Beitrag früher herausgekommen als geplant, damit ihn ja nicht zu viele Menschen sehen. Andere Abstimmungen, die ich dort gelesen habe, durften ihre 30 Tage Frist durchziehen und noch viel mehr LeserInnen, Stimmen und Aufmerksamtkeit sammeln. Hat man hier taktisch geschickt reagiert, um NFP gezielt unbekannt zu halten? Möchte man in diesem Portal wirklich einen politischen Austausch mit den Bürgern – oder ist Direkt zur Kanzlerin nur eine Fake, um die Bürgernähe der Kanzlerin zu symbolisieren? Es scheint ja ganz gut zu funktionieren, denn Frau Merkel steht auf der Liste der beliebtesten Politiker auf Platz 2 (Stand Juli 2013) direkt hinter Joachim Gauck.
Warum die Aktion „Direkt zur Kanzlerin” trotzdem ein Erfolg ist
Natürlich könnte ich nach so einer unbefriedigenden Antwort sagen, dass alles keinen Sinn hatte. Doch mittlerweile habe ich eine andere Ansicht darüber. Das große Problem ist, dass NFP so unbekannt ist. Fast in jeder NFP Beratung sagen die Frauen: „Wenn ich nur vorher von NFP gewusst hätte, […]”. Die Umfragen sind ebenso eindeutig fast 20 Prozent der deutschen Frauen können sich vorstellen natürlich zu verhüten (Quelle NFP heute). Dies bedeutet, dass man NFP „nur” verbreiten muss, um NFP langfristig in der Gesellschaft zu etablieren. Die Aktion direkt zur Kanzlerin haben fast 2000 Menschen gelesen und über 300 Menschen haben abgestimmt. Somit hat der Beitrag etwa 40 mal mehr Menschen erreicht als eine NFP Fortbildung der Arbeitsgruppe NFP an der durchschnittlich etwa 50 Personen teilnehmen. Aus dieser Perspektive war die Aktion „NFP direkt zur Kanzlerin” sehr erfolgreich.
Warum wir es schaffen werden, NFP bundesweit zu verbreiten?
Deutschland kann die Bekanntmachung von NFP nicht verhindern, da es zu viele Kanäle im Internet und in anderen Medien gibt, die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zur Verbreitung von NFP nutzen können. Das Portal Direkt zur Kanzlerin ist eines davon und es gibt noch viele andere. Zudem können die Bundeskanzlerin Frau Merkel, die BZgA und alle anderen nicht verhindern, dass aktuell über 11.000 Menschen pro Monat unseren Blog lesen und über NFP aufgeklärt werden. Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen können, NFP in ganz Deutschland schon in weniger als 10 Jahren bekannt zu machen. Aus diesem Grund wird sich der trainyabrain Blog über Natürliche Familienplanung (NFP) auch in Zukunft für eine Verbreitung der symptothermalen Methode nach den Regeln der AG NFP einsetzen und gezielte Aktionen dazu organisieren und durchführen. Ich hoffe ihr seid, dann wieder dabei. Vielen Dank nochmals an alle Unterstützer, ihr seid die Besten.
Natürliche Grüße senden
Anne Zietmann und Marcus Krahlisch
Lieber Markus,
die Reaktion war zu erwarten – aber ja, ganz richtig es ist trotzdem ein Erfolg. Jede positive Aufmerksamkeit hilft NFP und Sensiplan bekannter zu machen. Weiter so!
Ihre
Petra Schenke