Hausgeburt im Bungalow

Hausgeburt im Bungalow

Jetzt auch als Video!

Im Juni 2017 kam unser zweites Wunsch-Baby zur Welt. In diesem Beitrag berichte ich von unserer abenteuerlichen Geburtsreise meiner persönlichen Hausgeburt. 

Wie die Hausgeburt begann

Der Schleimpfrof löst sich am Morgen des 22.6. (ET+4)

Um Punkt 0:00 Uhr nachts am 24.06.17 (ET+6 | SSW 41) …

… beginnen die Vorwellen nach einem intensiven Streit mit Marcus. Ich bin völlig aufgelöst und laufe weinend auf unserem gemieteten knall blauen Bungalow. Unser großer Sohn, Marvin, schläft tief und fest, aber ich halte es in den ca. 20 Quadratmetern nicht aus. „Ich brauche dringend frische Luft“, denke ich. Kurz nach dem ich aus der Tür bin, durchdringt mich die erste Vorwelle. Ich gehe weiter. Mein Spaziergang führt mich durch ein kleines unbeleuchtetes Waldstück – vorbei an ein paar Einfamilienhäusern und Gärten. Ich gehe unseren gewohnten Familien-Abendspaziergang bis zur Dorfkirche und wieder zurück. Zwischendurch sind die Vorwellen so stark, dass ich denke, ich schaffe es nicht mehr zurück zum Bungalow. In dem Moment fällt mir auf, dass ich nicht mal mein Handy mitgenommen habe! Gut ich könnte im Notfall auch noch bei einem der zahlreichen Häuser klingeln, aber schließlich schaffe ich es, bis ich wieder bei unserem Bungalow bin, die Wellen sehr gut zu veratmen. Marcus und ich versöhnen uns wieder und ich versuche, schlafen zu gehen. Ich kann gut schlafen und werde nur ein paar Mal wach nachts.

Vormittags Vorwellen

Einige Tage vorher hatte ich schon des Öfteren solche Vorwellen nachts gehabt, welche dann am nächsten morgen jedoch verschwunden waren – diesmal war es anders. Immer noch habe ich Vorwellen etwa alle drei bis fünf Minuten. Ich sage Marcus und Marvin, dass das Baby heute höchstwahrscheinlich kommt. Marvin ist schon sehr aufgeregt und seit Wochen fragt er ungeduldigt: „Wann kommt das Baby endlich? Das Baby soll endlich raus kommen! Es ist doch auch hier draußen warm!“ ? Ich hatte ihm gesagt, dass das Baby es immer schön kuschelig warm im Bauch hat.  ?

Einkaufen und Mittagessen

Da die Wellen gut zu verarbeiten sind, fahren wir noch mal einkaufen und Mittagessen in der Stadt. Ich kann noch einigermaßen gut Autofahren trotz der Wellen, habe aber die ganze Zeit im Gefühl, nun dauert es bestimmt nicht mehr lange. Also fahren wir wieder zum Bungalow zurück.

14 Uhr wieder im Bungalow

Gegen 14 Uhr kommen wir im Bungalow an. Ich bin froh, dass ich gleich einige Zeit alleine für mich habe, denn Marcus geht zum Glück erstmal mit Marvin zum Fußballplatz um die Ecke, auf dem an diesem Tag ein großes Fußball Turnier stattfindet. Ganz alleine kann ich mich im Moment am besten entspannen. Ich nutzte die Gelegenheit der Ruhe für mich als letzte Vorbereitung auf die baldige Geburt. Marcus glaubt mir noch nicht wirklich, dass es an diesem Tag passieren wird, denn er sagt mir beim Losgehen, ich kann ja vielleicht noch am Computer ein paar Dinge erledigen für unser Online Business. ? „Ja klar“, denke ich mir und bereite meinen Geburtsraum (unser Schlafzimmer) vor. Eigentlich hatte ich vorgehabt im Garten zu gebären, aber das Wetter an diesem Tag ist mir zu unbeständig und zu kühl dafür.

Die Eröffnungsphase beginnt

Etwa 14:30 Uhr werden die Wellen plötzlich deutlich intensiver und ich weiß, das sind nun die Geburtswellen. Im Hintergrund lasse ich meine Geburtshypnose MP3 abspielen, um mich zu entspannen, zünde ein paar Kerzen und Räucherstäbchen an und stelle meine gepackte Geburtstasche griffbereit. Ich informiere per SMS noch schnell meine zwei spirituellen Geburtsbegleiterinnen. Das hatte ich vorher mit ihnen abgesprochen, da ich wenigstens mental mit zwei Frauen, die mir sehr verbunden sind, Unterstützung haben möchte. Ich denke mir, zwei starke weibliche Kräfte, die selbst kürzlich eine (Haus-)Geburt erlebt haben und an mich während der Geburt denken, sind bestimmt von Vorteil. Mit der einen Freundin telefoniere ich um 15 Uhr noch kurz und sie sagt mir, dass sie an mich denkt und nun die dafür vorbereitete Kerze für mich und das „Annenkind“ anzündet. ???

Pokalübergabe unter leichten Geburtswellen

Etwa um 15:45 Uhr kommen Marcus und Marvin wieder vom Fußball. Marvin erzählt mir total begeistert, dass gleich der Pokal überreicht wird! Und ich MUSS mir das unbedingt ansehen. Ich überlege kurz. „Ob ich das noch schaffe?“ Dann ziehe ich mir nochmal Kleidung an und gehe mit. Laufen soll ja bekanntlich den Geburtsprozess beschleunigen und einfacher machen, habe ich mir sagen lassen. ? Auf dem Weg zum Fußballplatz muss ich zwei bis drei Mal anhalten, um die Wellen zu veratmen. Wir erreichen gerade noch rechtzeitig um 16 Uhr den Fußballplatz und können sehen, wie der Pokal übergeben wird. Während des Zusehens gehe ich in die Hocke, wenn eine Welle kommt und muss es schon ein wenig lauter verarbeiten. Die Fußballfans sind so laut, dass niemand etwas mitbekommt. Ich sage zu Marcus: „Lass uns schnell wieder zurück gehen, sonst muss ich das Baby noch auf dem Fußballfeld bekommen!“

Die Abendstunden mit sehr intensiven Wellen 

Dann etwa 16:20 Uhr gerade wieder angekommen im Bungalow, werden die Wellen noch größer und stärker. Ich bin wieder glücklich, allein im Bungalow zu sein und Marcus spielt mit Marvin fröhlich im Garten. Ich taste mal nach meinem Muttermund und denke, es sind etwa zwei Zentimeter – erst!? Meine unglaubliche Ungeduld, die ich bereits bei der ersten Geburt hatte, kommt mit aller Macht wieder. Wie lange wird es noch dauern bis unser Baby da ist, wenn ich jetzt erst bei zwei Zentimeter bin? Habe ich überhaupt den Muttermund gefühlt, oder war das was anderes? Ich weiß nicht wie lange ich noch durchhalte. Ich brauche eine Pause. Unzählige Gedanken gehen mir durch den Kopf. Ich versuche zu entspannen und bei einigen Wellen gelingt mir das sehr gut – bei anderen weniger gut. Etwa ab 17 Uhr erfassen mich noch intensivere Wellen. Nach einem weiteren Selbstabtastversuch fühlt sich der Muttermund etwa drei bis vier Zentimeter offen an. Um 17:15 Uhr klingelt mein Handy – meine Großeltern. Ich gehe nicht ran. Ich mache mir immer noch einige Gedanken darüber, wie lange die Geburt wohl noch dauern wird. Um 18 Uhr rufe ich Marcus an und sage, dass er nun doch langsam zurück kommen kann. Er ist in der Zwischenzeit mit Marvin zum Spielplatz gefahren. Ungefähr von 18:30-19:00 Uhr machen Marcus und Marvin zusammen auf unsere Terrasse Abendessen. Ich schaffe es nicht mit zu essen aufgrund der häufigen Wellen – habe aber auch keinen Hunger. Marcus kümmert sich wieder super um Marvin, sodass ich maximale Entspannung habe.

Die lang ersehnte Übergangsphase

Ich wusste sie würde irgendwann kommen – die Übergangsphase. Bei meiner ersten Geburt war ich zur Übergangsphase an meinem absoluten Tiefpunkt. Ich dachte damals wirklich, ich würde jeden Moment sterben und zog einen Kaiserschnitt ernsthaft in Erwägung. Bei der jetzigen Geburt habe ich mich nun schon deutlich verbessert, denn ich wünsche mir einfach „nur“ kein weiteres Kind nach dieser Hausgeburt. ? Ich holte mir diesmal zur Geburtsvorbereitung einige Tipps und unter anderem auch darüber, wie ich damit umgehen kann, wenn solche Gedanken aufkommen. Ich wusste nun, wenn ich spüre, ich kann und will nicht mehr, dann ist es bald geschafft! Somit versuche ich jetzt, dieses unangenehme Gefühl von der ersten Geburt umzuwandeln in ein positives Gefühl voller Vorfreude. Ich mache mir selbst Mut und sage zu mir: „Das Baby ist gleich da! Bald schon ist es geschafft. Ich bin schon kurz davor. Ich freue mich schon so sehr darauf, dich zu sehen, Baby.“ Meine Gedanken kommen wieder hoch: Ich will kein weiteres Kind nach dieser Geburt. Mir reicht es jetzt. Ich kann nicht mehr. Ich will nur noch liegen und mich ausruhen. Marcus versucht mich weiter zu motivieren, in einer aufrechten Position zu bleiben. Er fragt mich ab und zu, ob er die Hebamme jetzt anrufen soll? „Nein, bitte noch nicht!“, sage ich. Wenn jetzt noch eine Person mehr hier ist, werde ich noch verspannter. Das verkrafte ich nicht. Wer weiß, wie lange es noch dauert…?! Ich sage ihm, dass es mir jetzt am meisten helfen würde, wenn er mich auch motiviert und positiv zuspricht. Das macht er dann auch und das tut so gut, das zu hören von ihm. „Du schaffst das. Gleich ist unser Baby da!“

Massagen helfen zu entspannen

Ich merke, wie die Wellen deutlich angenehmer werden, wenn ich mich selbst massiere. „Bitte Marcus und Marvin, könnt ihr auch mit massieren?“ Sie massieren mich nun beide an den Beinen und am Rücken. Nach gefühlten fünf Minuten sagt Marvin: „Ich kann nicht mehr, ich bin sooo k.o.“, und lässt Marcus alleine weiter massieren. ? Ich habe Mittlerweile kein Zeitgefühl mehr und schätze, es ist etwa 19:00 bis 20:30 Uhr. Irgendwann zwischendrin gehe ich nochmal zur Toilette während einer Wellenpause und sehr eine leichte Schmierblutung. Ich freue mich riesig und sage mir wieder, dass unser Baby gleich da sein wird!

Fruchtblase platzt

Ungefähr um 20:30 Uhr befinde ich mich gerade in einer Knie-Hock-Position auf dem Bett, als meine Fruchtblase platzt. Ich freue mich nochmals riesig, denn es geht nun wirklich dem Ende zu. Beim letzten Mal hatte allerdings die Austreibungsphase/Pressphase nochmal zwei Stunden gedauert. Deshalb wollte ich die Hebamme frühestens anrufen, wenn die Presswellen anfangen. Ich tastete meinen Muttermund nochmals und fühle ihn vollständig geöffnet bei ca. acht bis zehn Zentimeter. Ich freue mich nun noch mehr denn je, da ich die Pressphase als deutlich angenehmer in Erinnerung habe trotz der langen zwei Stunden.

Pressphase beginnt

Ich versuche nochmal meine Position zu ändern und probiere es im Stehen. Das strengt mich aber sehr an und ich entscheide mich, lieber in den Vierfüßlerstand zu gehen auf unserem dritten Bett, das wir gar nicht zum Schlafen sondern als Anlagefläche verwenden. Etwa um 21 Uhr spüre ich einen ersten Pressdrang. Ich halte meine rechte Hand voller Vorfreude an meine Vulvina und gehe dem Drang nach. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt gekommen, die Hebamme anzurufen. Aber es ist keine Zeit mehr. Ich möchte das Marcus mental und körperlich bei mir bleibt. Alles geht auf einmal so schnell. Beim zweiten Mal Pressen spüre ich den kompletten Kopfumfang in meiner Hand. Ich glaube die Hebamme wird es nicht mehr schaffen. Marvin ist nun seit den letzten 20 Minuten etwa immer ins Bad gerannt, wenn es ihm zu laut war und hat sich noch zusätzlich die Ohren zugehalten. In den Pausen kommt er aber immer wieder zu uns und schaut zu. Ich rufe nun zu ihm: „Das Baby kommt jetzt! Komm schnell her!“

Willkommen, Baby!

Hausgeburt im Bungalow Marvin kommt wieder aus dem Bad, denn er will unbedingt dabei sein, wenn unser Baby kommt. Ich habe immer noch meine Hand an meiner Vulvina und spüre wie stark gespannt mein Damm ist. Es fühlt sich insgesamt so sonderbar an, dass ich es auch sehen will. Marcus reicht mir meinen Handspiegel, aber es ist zu dunkel und ich kann nichts erkennen. Plötzlich überrollt mich die nächste Presswelle und ich presse und töne wieder laut mit. Marvin verschwindet schnell wieder im Bad. Um 21:12 Uhr kommt mit einem Rutsch der Kopf ganz heraus und ein paar Sekunden später der restlich kleine Babykörper. Ich fange unser Baby im halben Kniestand, abgestützt mit einer Hand am Bettpfosten, auf. Ich lege es langsam und vorsichtig auf das Bett. Die Nabelschnur ist einmal um den Hals gewickelt also wickel ich sie ab und nehme unser Baby hoch auf meine Brust. „Da bist du, Baby! Willkommen auf dieser Welt, kleiner Mensch!“ Marcus reicht mir ein sauberes Handtuch und ich decke unser Baby damit zu. Wir legen uns hin zum Kuscheln, erstes Stillen und Ausruhen. Erst beim Kuscheln sehe ich nach, ob es ein Junge oder Mädchen geworden ist – wieder ein Junge! ? Er bekommt von uns den Namen Julian. Ich bin soooo glücklich, dass unser Baby nun da ist ? … und soooo müde ?.

Die Plazenta-Geburt

Doch es ist ja noch nicht vorbei. Die Plazenta kommt ja noch. Nun um 21:15 Uhr ruft Marcus die Hebamme an und sagt ihr, dass unser Baby gerade gekommen ist. Sie sagt, sie ist gerade noch bei einer anderen Geburt und kommt dann zu uns, wenn sie dort fertig ist. Wir sollen so lange versuchen, alleine die Plazenta zu gebären. Nach einigen Versuchen und zwei Stunden Wartezeit, sitzt die Plazenta immer noch sehr fest und bewegt sich nicht. Marcus telefoniert um 23:17 Uhr erneut mit unserer Hebamme. Sie gibt uns die Empfehlung, ganz viel zu trinken und wenn ich dann zur Toilette muss, etwas mitzupressen. Ich trinke also vier große Gläser Wasser und warte ab. Nach etwa einer halben Stunde muss ich mal. Da ich mir diesmal eine Lotusgeburt gewünscht habe, bei der man so lange wartet bis die Nabelschnur von alleine abfällt, muss unser Baby mit ins Bad. Schließlich sind wir noch verbunden ?. Marvin ist unterdessen sehr müde geworden und schläft tief und fest seit 23 Uhr. Ich gehe mit Baby auf dem Arm auf die Toilette. Auja! Das brennt tierisch! Wieder habe ich also eine Hautabschürfung/Abplatzung. Warmes Wasser während des Pinkelns dazu drüber fließen lassen, hilft ungemein. So, nun ziehe ich leicht an der Nabelschnur, aber wieder tut sich nichts. Es ist mittlerweile schon fast 24 Uhr. Die Hebamme wird eh jeden Moment da sein. Ich bekomme etwas Angst, weil ich keine unnötigen Interventionen möchte – auch nicht bei der Nachgeburt! Ich denke, es braucht halt noch seine Zeit. Allerdings müsste ich jetzt aber wirklich dringend mal duschen. Das ist sonst echt schwierig, wenn das Baby quasi noch „dran hängt“. Marcus wird langsam echt nervös und ungeduldig. Da habe ich plötzlich eine gute Idee! „Marcus bring mir die Babywippe!“ Wir stellen die Wippe direkt neben die Dusche und ich hocke mich daneben in die Dusche. Ich presse nun so gut es geht mit und ziehe wieder leicht an der Nabelschnur. Wow, jetzt passiert was! Es löst sich was. „Schnell ich brauche das Sieb!“ Marcus gibt mir das Sieb und ich lege die soeben herausgekommene Plazenta dort hinein. Es ist 00:08 Uhr. In diesem Moment klopft es an der Tür. Unsere Hebamme ist da! Sie begutachtet die Plazenta auf Vollständigkeit, sowie mich und das Baby auf eventuelle Besonderheiten. Alles ist in Ordnung und sie verabschiedet uns in die Nacht. Am nächsten Tag kommt sie dann wieder – zur Wochenbettbetreuung…

Als ich am nächsten Tag das Geburtsdatum im Mutterpass las, das unsere Hebamme eingetragen hatte, dachte ich, das gibt’s doch nicht! 24.06.17 diese Zahl kommt mir irgendwie bekannt vor. Meine Matrikel Nr. aus meiner Studienzeit war 2406177 ! Unglaublich – bis auf die letzte fehlende Zahl identisch! ?

Das war der Geburtsbericht von meiner Hausgeburt mit meinem zweiten Baby.

Fruchtbare Grüße sendet

Deine Anne

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{ 1 comment… add one }
  • 9. Juli 2017, 11:43

    Liebe Anne,
    dein Geburtsbericht liest sich super spannend. Mich freut, dass es so gut für dich abgelaufen ist. Auch wenn nicht schmerzfrei. Alles Gute nochmal für euch! Witzig, das mit dem Geburtsdatum?.
    Ich kann bisher noch nicht mitreden was Geburt angeht. Musste leider eine Fehlgeburt Anfang des Jahres erleben, aber ich hoffe dass sich auch bald unser Kinderwunsch erfüllt ?. Durch eure Informationen habe ich schon viele hilfreiche Tipps bekommen. Danke dafür. Vielleicht mögt ihr auch mal in mein Blog reinschauen.
    Liebe Grüße, Bianka

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