Was tut man, wenn man eine sehr zackige Temperaturkurve misst, welche schwer auszuwerten ist? Wir zeigen, wie man zackige Kurven stabilisiert.
Eine zackige Temperaturkurve kann ziemlich viele verschiedene Ursachen haben. Diese Ursache gilt es dann, wie ein Geheimdetektiv, zu entschlüsseln. Ja, NFP kann in solchen Fällen auch mal kniffelig sein. Man dokumentiert Tag für Tag seinen Zyklus und denkt sich jedes Mal, wenn die Temperatur hoch geht, dass das nun ganz bestimmt der Temperaturanstieg sein wird – aber dann fällt die Temperatur am nächsten Tag wieder ab. Am nächsten Tag hofft man wieder, dass die Temperatur hochgeht und man vielleicht doch noch mit der zweiten Ausnahmeregel auswerten kann. Meistens kommt man den Störungen auf die Schliche und kann den verfälschten, erhöhten Temperaturwert ausklammern. Die Klassiker-Störungen sind wohl mit Abstand „länger geschlafen als sonst“ und „am Vorabend Alkohol getrunken“. Doch was ist, wenn man den erhöhten Temperaturwerten keine Störungen zuordnen kann und man sich einfach nicht erklären kann, wieso die Temperatur angestiegen ist und sich auch keine auswertbare Temperaturkurve ergibt? In diesem Insider Tipp möchten wir dir aufzeigen, wie du mit zackigen Temperaturkurven umgehen kannst.
Zackige Temperaturkurve – Was tun?
Eine nicht auswertbare Zykluskurve heißt nicht zwangsläufig, dass es keinen Eisprung gegeben hat. Manchmal kann man einfach nur nicht auswerten, weil man beispielsweise an einem entscheidenden Tag nicht gemessen hat, die sechs niedrigen Temperaturwerte nicht zusammen bekommt oder halt einige Störungen nicht identifizieren kann. Bevor man jetzt vom Schlimmsten ausgeht, ist es hier sinnvoll, ab dem nächsten Zyklus ein wenig zu experimentieren, um herauszufinden, woran es liegen könnte. Hier kommen die wichtigsten Gründe, wie es zu einer zackigen Temperaturkurve kommen kann.
#1 Defektes Thermometer
Ein Digitalthermometer hält bei täglicher Anwendung aufgrund der Batterie maximal ein bis zwei Jahre. Manchmal reicht ein Batteriewechsel hier nicht aus, da die elektrischen Kristalle im Thermometer verschlissen sind. In diesem Fall erhält man zackige Kurven, weil das Thermometer nicht mehr richtig funktioniert. Ebenso kann ein Thermometer unterwegs, beispielsweise weil es vom Tisch herunterfällt, beschädigt werden.
#2 Misst du wirklich 3 Minuten
Die meisten digitalen NFP Thermometer messen maximal bis zum Piepton, der schon nach 60 bis 90 Sekunden ertönt. Jedoch zeigen unsere umfangreichen Tests mit über 40 NFP Thermometern auf diesem Blog, dass kein Thermometer bis auf 0,05 °C genau unterhalb von drei Minuten messen kann. Dies gilt auch für moderne Hightech-Thermometer wie das Easy-Home BBT 300, das wir ausführlich auf diesem Blog getestet haben. Hier muss man meistens einen Messtrick für digitale Thermometer anwenden, um die 3-Minuten-Messung einzuhalten.
#3 Uneigneter Messort
Grundsätzlich kann man bei der NFP Methode im Mund (oral), in der Vagina (vaginal) oder im Po (rektal) Temperatur messen. Die Messweise ist innerhalb eines Zyklus beizubehalten, d. h. man muss sich im jeweiligen Zyklus für einen Messort entscheiden. Die orale Messung ist hier bei NFP AnfängerInnen sehr beliebt, weil sie sich einfach und natürlich anfühlt. Jedoch gibt es Frauen, die in der Nacht immer wieder ihren Mund öffnen oder auf ihren Zähnen kauen. Aus diesen und vielen anderen Gründen ist die orale Messung fehleranfälliger als beispielsweise die vaginale Messung. Hat man eine zackige Temperaturkurve, kann es also Sinn ergeben, den Messort für einen Zyklus von oral auf vaginal umzustellen und zu schauen, ob die Kurven nun runder verlaufen.
#4 Analoges Thermometer verwenden
Vor einiger Zeit habe ich in NFP Foren gelesen, dass einige Frauen beim Wechsel von digitalen zu analogen NFP Thermometer rundere Temperaturkurven bekommen. Ich habe das natürlich gleich getestet und in einem Zyklus sowohl mit einem analogen als auch mit einem digitalen Basalthermometer gemessen. Im Ergebnis zeigte sich tatsächlich, dass in der analog gemessenen Kurve der Eisprung etwas leichter zu bestimmen war. Die ausführliche Auswertung meines Zyklus-Experiments kannst du in meinem Beitrag: „Zyklus auswerten mit Thermometer analog oder digital?“
#5 Automatisiertes Messen
Etwa 15 % der deutschen Frauen arbeiten in Schichtarbeit. Hinzu kommen Frauen, die einem unregelmäßigen Tagesablauf folgen. Folglich messen diese Frauen zu sehr unterschiedlichen Uhrzeiten im Zyklus ihre Körpertemperatur, was natürlich eine zackige Temperaturkurve zur Folge haben kann. Natürlich gibt es für die Schichtarbeit spezielle NFP Regeln, die man anwenden kann und dann kriegt man es in 80 % der Zyklen hin, seinen Eisprung trotz 3-Schicht-System zu bestimmen. Wer es einfacher haben möchte, dem empfehle ich die automatisierte Temperaturmessung mit dem trackle Zykluscomputer. Beim trackle wird über Nacht die tiefste Temperatur in der Vagina über einen Sensor gemessen. Tagsüber kann man den Sensor entfernen und via Bluetooth die Temperaturdaten auf eine App übertragen. In der Folge erhält man mit dem trackle trotz unterschiedlichster Aufstehzeiten eine relativ runde Temperaturkurve, in der sich der Eisprung gut bestimmen lässt.
Meine trackle Erfahrungen
Ich habe den trackle über 10 Zyklen lang getestet und kann sagen, dass die Messung als auch die Übertragung der Werte in die trackle View App reibungsfrei funktioniert. Jedoch hat der trackle nur in 6 von 10 Zyklen meinen Eisprung im vergleichbaren Zeitraum wie die NFP Methode gefunden.
#6 Richtig runden
Bei einem Digitalthermometer sollte man beim Kauf darauf achten, dass das Thermometer mindestens zwei Nachkommastellen und eine Messgenauigkeit von mindestens 0,05 °C mitbringen sollte. Ebenso muss man die gemessenen Temperaturwerte bis auf ein halbes Zehntel Grad runden, bevor man diese Temperaturwerte in die Zyklus-App einträgt. Somit wird beispielsweise bei einem Messwert von 36,62 °C auf 36,60 °C abgerundet. Hingegen wird bei einem gemessenen Temperaturwert von 36,63 °C auf 36,65 °C aufgerundet. Einige Zyklus-Apps führen die Rundungen komplett allein durch und man muss sich nicht darum kümmern, während andere wie beispielsweise die Lily Zyklus-App eine solche automatisierte Rundungsfunktion nicht besitzen.
#7 Keine Fruchtbarkeitsarmbänder verwenden
Aktuell ist das AVA-Fruchtbarkeitsarmband sehr beliebt, weil es scheinbar so einfach und praktisch anzuwenden ist. Man trägt einfach ein Armband und es wird dann über die Haut die Temperatur gemessen. Anschließend kann man über eine App die Temperaturkurve sehen. Jedoch misst das AVA Armband, wie die FDA im Zulassungs-Report berichtet, nur zwischen 0,2 bis 0,8 °C genau. Aus diesem Grund ist die Temperaturkurve unbrauchbar und somit ist auch eine zackige Temperaturkurve nicht verwunderlich.
#8 Vor der Messung eine Stunde ruhen oder schlafen
Es gibt viele Frauen, die kaum eine Stunde ruhig durchschlafen und unter Schlafstörungen leiden. Die NFP Methode hat zwar wirklich viele Vorzüge. Jedoch muss man, um einen Messstandard zu haben, vor der Messung eine Stunde geruht oder geschlafen haben. Kann man dies nicht leisten, sollte man eventuell zur automatisierten Messung übergehen.
#9 Zackige Temperaturkurve nach Absetzen der Pille
Etwa 50 % der Frauen haben nach dem Absetzen der Pille einen normalen Zyklus ohne weitere Störungen. Die andere Hälfte hat mit starken Zyklusstörungen, wie verlängerten Zyklen, Gelbkörperschwäche, unregelmäßigen Schleimmustern, merkwürdigen Zwischenblutungen und Zyklen ohne Eisprung und dem Ausbleiben der Periode zu kämpfen. Natürlich kann nach dem Absetzen der Pille auch eine zackige Temperaturkurve auftreten, dessen Auswertung schwer oder gar nicht möglich ist. Hier ist die Lösung, dem Körper zu helfen, von den künstlichen Hormonen zu entgiften. Mehr zu diesem Thema kannst du im Buch von Isabel Morelli *„Bye, Bye Pille – 4 Schritte zur Balance“ nachlesen.
#10 Bist du in den Wechseljahren?
Ab 35 Jahren verändert sich der Zyklus der Frau, weil sich der natürliche Menstruationszyklus eher schleichend über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren verabschiedet. Anfangs zeigt sich dies durch weniger Zervixschleim, Verschiebungen des Temperaturanstieges, Gelbkörperschwäche etc. Manchmal kann die Umstellung der Hormone des Körpers in den Wechseljahren jedoch auch eine zackige Temperaturkurve zur Folge haben. Falls du nicht weißt, ob du in den Wechseljahren bist und wie viel Zeit dir zum Schwangerwerden noch bleibt, dann kannst du ja einen AMH Test oder einen FSH Test beim Gyn durchführen.
#11 Identifiziere multifaktorielle Störungen
Einige Frauen denken bei der Identifikation von Störungen sehr eindimensional. Ich habe gestern Abend ein Glas Wein getrunken und meine Temperaturkurve zeigte keine Auffälligkeiten. Schnell schließt die Frau darauf, dass ein Glas Wein am Abend bei ihr nicht stört. Jedoch bemerkt sie auf einmal einen komischen Peak im Zyklus, nachdem sie Wein getrunken hat und kann sich dies nicht erklären. Erst im Gespräch mit einer NFP Beraterin fällt ihr auf, dass sie am Tag davor Wein getrunken UND zusätzlich schlecht geschlafen hat. Somit wirkt sich Wein trinken in Kombination mit dem schlecht geschlafen auf die Temperaturkurve aus. Jede Störung, bei der eine Kombination von Ereignissen die Temperaturkurve stört, nennt man multifaktorielle Störung, welche natürlich eine zackige Temperaturkurve zur Folge haben kann.
Fazit
Die Ursachen, warum du eine sehr zackige Temperaturkurve im Zyklus siehst und schwerer auswerten kannst, sind mannigfaltig. Häufig sind es gleich mehrere Punkte, an denen man gleichzeitig arbeiten muss, um eine Verbesserung zu erzielen. Die häufigsten Gründe, die ich im Laufe meiner Tätigkeit als Fruchtbarkeitsexpertin erlebt habe, waren Fehler bei der Temperaturmessung, ungeeignete Thermometer oder ein störungsanfälliger Messort. Ich wünsche dir, dass du die Herausforderung mit den zackigen Temperaturkurven gut meisterst und schon bald runde Kurven erhältst. Ich bin mir sicher, dass das mit einer runderen Temperaturkurve auch eine Rundung an deinem Bauch viel wahrscheinlicher ist. In diesem Sinne wünsche ich dir alles Gute auf deinem Weg zum Wunschkind. 🍀🤰🏼🙏
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Quellen
[1] Elisabeth Raith-Paula , Petra Frank-Herrmann , Günter Freundl , Thomas Strowitzki, Natürliche Familienplanung heute, Modernes Zykluswissen für Beratung und Anwendung, Springer Verlag 2013
[2] Christian Gnoth, Andreas Noll, Kinderwunsch: Natürliche Wege zum Wunschkind, Gräfe Und Unzer, 2009
[3] Toni Weschler, Familienplanung: Das Standardwerk zur natürlichen Empfängnisverhütung, Kontrolle der Fruchtbarkeit sowie Erfüllung des Kinderwunsches, mvg Verlag (5. Dezember 2016)
[4] Lidia Lasch, Sabine Fillenberg, Basiswissen Gynäkologie und Geburtshilfe: Mit 153 Abbildungen (Springer-Lehrbuch), Springer; 1. Aufl. 2017 Edition (30. Dezember 2016)